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IREBS Standpunkt Nr. 36

Altersgerechte Immobilienkonzepte – Eine Analyse der Region Frankfurt/Rhein-Main

Frankfurt am Main braucht mehr altersgerechte Wohnungen
„Statistik-Alarm: Deutschland vergreist“ titelte 2012 unter anderem die Zeitung Die Welt mit dem Hinweis auf die zunehmende Alterung der deutschen Bevölkerung. Gemäß den Vo-rausberechnungen des Statistischen Bundesamtes wird die Zahl der über 65-Jährigen von 2014 bis 2060 um rund 23% auf 22,9 Mio. ansteigen, die Zahl der über 80-Jährigen sogar um 50% auf rund 9 Mio. Personen. Dementgegen ist die allgemeine Bevölkerungszahl in Deutschland in diesem Zeitraum wohl rückläufig – um im Zeitungsjargon zu bleiben: „Wir altern - und schrumpfen!“.

Doch was genau bedeutet dies für die Immobilienwirtschaft? In jedem Fall einen konkreten Handlungsbedarf. Offensichtlich muss ein wachsender Teil der rd. 40 Millionen Wohneinhei-ten in Deutschland auf diese Veränderung vorbereitet werden. Zwecks Schaffung altersgerechten Wohnraums lassen sich drei entscheidende Hebel ansetzen: Technik, Finanzierung und soziales Engagement.

Mittels der Umsetzung technischer Maßnahmen können Barrieren in der Wohnung und im Haus reduziert werden, beispielsweise durch die Verbreiterung von Türen, einem ebenen Zugang zum und im Bad etc. Diese (Um)Baumaßnahmen sind kapitalintensiv, die Frage nach zielgruppenspezifischen Finanzierungskonzepten demzufolge essentiell. Nicht zuletzt findet Wohnen in Städten immer in Gemeinschaften statt. Es drängt sich dann die Frage auf: Lassen sich Gemeinschaften und die Bereitschaft zur Nachbarschaftshilfe nutzen, um die technischen und finanziellen Herausforderungen zu meistern?

Vor allen Überlegungen steht die Anforderung einer möglichst exakten Bedarfserfassung. Ein Blick auf die derzeitige Wohnsituation der Generation 65+ zeigt, dass lediglich 5% der älteren Haushalte in Deutschland in barrierefreien bzw. barrierearmen Wohnungen leben. Vergleicht man dies mit der Zahl an pflegebedürftigen Seniorenhaushalten, immerhin rund 23% aller Haushalte der Kategorie 65 Jahre und älter, so wird eine deutliche Diskrepanz zwischen Bedarf und Angebot ersichtlich. Doch hiermit einhergehend stellt sich die Frage: Was würde es kosten, Barrieren zu reduzieren, Sanitäranlagen seniorengerecht anzupassen oder in kleinen Wohnungen mehr Bewegungsraum zu ermöglichen? Eine Antwort hierauf liefern Erfahrungswerte bereits erfolgter Umbaumaßnahmen: Demzufolge ist mit Kosten von durchschnittlich rund 14.000,00 EUR pro Wohnung zu rechnen, bis Wohnraum als altersge-recht gilt. Diese Ausgabe können viele Seniorenhaushalte nicht leisten. Hier kommen Förder- und Finanzierungsprogramme ins Spiel. Eines der bekanntesten Programme ist das von der KfW-Bank getragene Projekt „Altersgerecht Umbauen“. Das Ziel der Förderung besteht darin, eine zinsgünstige und langfristige Finanzierung von barriereredu-zierenden Maßnahmen sicherzustellen.

Über diese objektbezogene Förderung hinaus besteht die Möglichkeit einer subjektbezogenen Förderung, beispielsweise nach §40 Abs.4 SGB XI. Hierbei sollen individuelle, wohnumfeldverbessernde Maßnahmen dazu dienen, die selbstständige Lebensführung von Pflegebedürftigen zu fördern. Weitere Förder- und Finanzierungsprogramme bieten beispielsweise die einzelnen Bundesländer (Soziale Wohnraumförderung), die Pflegeversicherungen und nicht zuletzt auch die Banken, über klassische Bankenfinanzierungen. Insbesondere in Zeiten niedriger Finanzierungszinsen gewinnt auch die letztgenannte Option wieder an Attraktivität.

Doch technische Innovationen und finanzwirtschaftliche Konzepte allein reichen nicht aus, um den Senioren von heute einen zufriedenstellenden Lebensabend zu ermöglichen. Die eigenen Ansprüche an Gesundheit, Autonomie, Engagement und Selbstständigkeit sind im Vergleich zu früheren Generationen in den Fokus gerückt. Die meisten Menschen möchten ihren Ruhestand in ihrem gewohnten Umfeld verbringen. Heimeintritte sollen nach Möglichkeit vermieden oder durch geeignete Maßnahmen möglichst lange verzögert werden. Hier kommen soziale Konzepte ins Spiel, die beispielsweise mittels nachbarschaftlichen Engagements, Wohnformen mit integrierter Versorgung oder altengerechten Assistenzsystemen ein längeres Wohnen in der eigenen Wohnung ermöglichen.

Ein Blick auf Frankfurt am Main zeigt, dass bereits 3.000 Senioren in verschiedenen Netzwerken, Vereinen und sozialen Initiativen aktiv sind – ob dies bei insgesamt knapp 115.000 Menschen über 65 Jahre in der Stadt jedoch mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein ist, um den Herausforderungen des Alterns zu begegnen, bleibt in Anbetracht der in Relation geringen Zahl an bisher Involvierten fraglich.

Aller Skepsis zum Trotz lässt sich jedoch eine zentrale Erkenntnis ableiten: Älterwerden und das adäquate Reagieren hierauf aus Sicht der Immobilienwirtschaft ist immer ein Zusammenspiel der drei Komponenten Technik, Finanzierungskonzepte und sozialem Engagement. Ähnlich eines Hockers bedarf es dieser drei Beine, um sicher stehen zu können. Doch wie sich auch der Hocker im Laufe seiner Genese weiter zu Stuhl, Sessel und letztendlich komfortablem Sofa entwickelt hat, bedarf es auch in der Immobilienwirtschaft zukünftig weiterer innovativer Konzepte, um das Älterwerden möglichst „komfortabel“ begleiten zu können und die Attraktivität altersgerechter Umbauten zu steigern. Die im Zuge der vertiefenden Bearbeitung des Themas gewonnen Erkenntnisse zeigen, dass es an vielen Stellen noch einen großen Mangel an Daten und Informationen gibt: Bisherige Schätzungen signalisieren umfangreiche Investitionen und hohen Finanzierungs- und Förderungsbedarf. Doch ohne die notwendigen Informationen zur Qualität des Wohnungsbestands stehen diese Schätzungen auf tönernen Füßen. Ferner bedarf es einer transparenteren Gestaltung des bestehenden Sozialrechts sowie gleichsam einer verbesserten Beratungsqualität durch unabhängige Fachleute, um die Investitionsbereitschaft von Immobilienbesitzern in altersgerechte Umbauten zu erhöhen.

Zum Weiterlesen: Orszullok, C.: Altersgerechte Immobilienkonzepte – Eine Analyse der Region Frank-furt/Rhein-Main, Studie der IREBS, Universität Regensburg im Auftrag von FPS, Frankfurt am Main 2014.

 

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