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IREBS Standpunkt Nr. 11

Steigende Akzeptanz von Compliance Management-Systemen in der Bau- und Immobilienwirtschaft

Das Compliance Management hat in der Bau- und Immobilienwirtschaft aufgrund branchenspezifischer Risiken einen sehr hohen Stellenwert. Dies zeigt eine aktuelle Studie: „Compliance Management in der Bau- und Immobilienwirtschaft.“ Knapp zwei Drittel der teilnehmenden Unternehmen haben bereits eine oder mehrere Compliance-Risikoanalysen durchgeführt. Besonders hoch ist die Compliance-Relevanz der Themenfelder „Immobilienankauf“ und „Auftragsvergabe“. Institutionalisierte Compliance Management-Systeme stellen in der Wahrnehmung der befragten Funktionsträger gegenüber einem situativ geprägten Compliance Management eine signifikante Verbesserung dar.

Die steigende Bedeutung des Compliance Managements
Dass Gesetze, Verordnungen, Richtlinien, vertragliche Verpflichtungen sowie unternehmensinterne Leitlinien eingehalten werden, ist von entscheidender Bedeutung für den nachhaltigen Unternehmenserfolg. Mit der Verankerung im Deutschen Corporate Governance Kodex ist Compliance auch ein wesentlicher Bestandteil verantwortungsvoller Corporate Governance geworden.
Wie alle Branchen sieht sich auch die Bau- und Immobilienwirtschaft mit steigenden Anforderungen an das Compliance Management konfrontiert. Ihre Anfälligkeit für Compliance-Verstöße ist im Branchenvergleich allerdings besonders hoch, was nach Auffassung der befragten Unternehmen insbesondere hohen Einzelvolumina je Geschäftsvorfall sowie der geringen Anzahl der bei wesentlichen Entscheidungen beteiligten Funktionsträger geschuldet ist. Vor diesem Hintergrund sind die Anforderungen an das Compliance Management in der Bau- und Immobilienwirtschaft tendenziell größer als in anderen Branchen. Die Einrichtung eines leistungsstarken Compliance Managements hat für die Branche also einen besonderen Stellenwert.
Diese Erkenntnis ist keineswegs neu. So wurde bereits im Jahr 2002 die Initiative Corporate Governance der deutschen Immobilienwirtschaft (ICG) ins Leben gerufen. Seit ihrer Gründung hat die Initiative, die 2007 eine enge Kooperation mit dem Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA) eingegangen ist, einen Wertekodex und ein Compliance-orientiertes Zertifizierungssystem erarbeitet.
Die Erarbeitung branchenspezifischer Standards für das Compliance Management in der jüngeren Vergangenheit verdeutlicht das Bestreben der Branche, eine „Best Practice“ im Bereich Compliance zu entwickeln. Dies hat unsere Studie zum Anlass genommen, um den Status quo der Auseinandersetzung mit dem Thema Compliance in der Bau- und Immobilienwirtschaft zu untersuchen.

In Compliance-Fragen gut aufgestellt
Die Studienergebnisse zeigen, dass Unternehmen der Bau- und Immobilienwirtschaft in der Implementierung spezifischer Maßnahmen zur Verhinderung bestimmter Verstöße sowie in der Identifikation und Vermeidung von Haftungsrisiken die größten Compliance Herausforderungen sehen. Bezogen auf einzelne Geschäftsbereiche sehen die Befragten beim Immobilienankauf und bei der Auftragsvergabe die größten Compliance-Risiken.
Gesetzgeber, Gesellschaft (bzw. öffentliche Wahrnehmung) und Eigenkapitalgeber sind in Bezug auf das Compliance Management die wichtigsten „Stakeholder“, wobei insbesondere die Sensibilisierung der Öffentlichkeit als Treiber der gestiegenen Bedeutung des Compliance Managements hervorgehoben wird.
Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass sich die Bau- und Immobilienwirtschaft den gestiegenen Anforderungen an das Compliance Management bewusst ist und diese mit angemessenen Maßnahmen reagiert. Die Wahrnehmung von Compliance-Risiken bzw.  Herausforderungen ist i. d. R. mit der Implementierung von Maßnahmen verbunden, die geeignet sind, um den identifizierten Risiken bzw. Herausforderungen zu begegnen.
Ungeachtet der fortgeschrittenen Auseinandersetzung der Bau- und Immobilienwirtschaft mit dem Thema Compliance konnten in einigen Bereichen Verbesserungspotenziale festgestellt werden. Zum Beispiel hat mehr als ein Drittel der Unternehmen keinen Compliance-Beauftragten ernannt und plant auch nicht, dies zu tun. Rund 40 Prozent haben keine Compliance-Risikoanalyse durchgeführt. Bei der Mehrzahl gibt es zudem keine turnusmäßige Kommunikation Compliance-relevanter Informationen, weder innerhalb des Unternehmens noch gegenüber Außenstehenden. Die genannten Maßnahmen sind allgemein anerkannte Bestandteile der „Best Practice“ im Compliance Management; ihre Anwendung ist somit allen Unternehmen unabhängig von Rechtsform und Größe zu empfehlen.

Signifikante Verbesserung durch Institutionalisierung/Systematisierung
Ein wesentlicher Maßstab für die Professionalität des Compliance Managements ist die Unterscheidung zwischen situativ geprägten Compliance Management-Aktivitäten einerseits und einem institutionalisierten Compliance Management-System (CMS) andererseits. Knapp 30 Prozent der Befragten haben bereits ein CMS eingeführt; weitere 25 Prozent planen dieses. Im Vergleich zu anderen mittelständischen Branchen ist die Systematisierung des Compliance Managements in der Bau- und Immobilienwirtschaft überdurchschnittlich hoch; insbesondere bei größeren Unternehmen haben sich Compliance Management-Systeme bereits fest etabliert.
Um die Erfolgswirkung bestehender Compliance Management-Systeme abschätzen zu können, wurden zunächst alle Studienteilnehmer gebeten, einzelne Aspekte ihres Compliance Managements (z. B. „Umsetzung neuer Bestimmungen im Unternehmen“) zu bewerten. Eine differenzierte Auswertung der Antworten zeigte, dass Unternehmen mit CMS ihr Compliance Management in allen Aspekten deutlich besser bewerten als Unternehmen ohne CMS. Insbesondere die Bereiche „Dokumentation“, „Aufdeckung und Aufarbeitung“ sowie „interne Compliance-Kommunikation, Mitarbeiterschulung“ werden durch eine Systematisierung entscheidend verbessert. Auch die Enthaftungswirkung von Compliance Management-Systemen wurde von den Teilnehmern hervorgehoben.

Fazit
Vieles deutet darauf hin, dass das eingangs angesprochene Bestreben der Branche, eine „Best Practice“ im Compliance-Bereich zu entwickeln, mittelfristig zu einer verstärkten Einführung institutionalisierter Compliance Management-Systeme führen wird. Dies wird durch die relativ hohe Verbreitung solcher Systeme unter den Teilnehmern dieser Studie ebenso belegt wie durch den signifikant positiven Effekt der CMS-Einführung auf die Bewertung der eigenen Compliance Management-Aktivitäten. Die spezifischen Vorteile, die Unternehmen durch eine Institutionalisierung ihres Compliance Managements gegenüber einem situativ geprägten Ansatz realisieren können, konzentrieren sich hierbei insbesondere auf die Themenfelder, in denen die Teilnehmer in Zukunft mit verschärften Anforderungen rechnen (Sicherstellung von Transparenz bzw. Dokumentation sowie bessere Vermeidung von Haftungsrisiken). Dementsprechend wird der Nutzen von Compliance Management-Systemen in Zukunft tendenziell sogar noch steigen.

Studie
Die Studie "Compliance Management in der Bau- und Immobilienwirtschaft" steht Ihnen hier zum Download zur Verfügung.

 

Kompletter Artikel Nr. 11 als PDF

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