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IREBS Standpunkt Nr. 55

Amerika hat gewählt: Was bedeutet dies für die Immobilienwirtschaft?

Donald Trump wurde zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Die Überraschung schien groß gewesen zu sein, viele europäische Politiker sprachen von einem Schock, und erneut lagen sehr viele Umfragen daneben. Anders als beim Brexit-Votum war ich jedoch an diesem Morgen mehr in Sorge als wirklich überrascht. Nate Silver, der wohl profilierteste Wahlforscher der USA hatte bis zuletzt die Wahrscheinlichkeit für Trumps Wahlsieg bei rund einem Drittel ausgewiesen. Und wer die Begründungen von Silver las, stutzte, weil der Anteil der unentschiedenen Wähler deutlich höher war als in früheren Wahlen. Als sich dann abzeichnete, dass die Wahlbeteiligung hoch ausfallen dürfte, sprach dies eher für Trump als für Clinton. Auch der Traffic in den sozialen Netzwerken, in zurückliegenden Wahlen ein verlässlicher Indikator für den Wahlausgang, deutete eher auf einen Sieg Trumps als Clintons hin.

Daher nahm ich gestern auch die Frage von Masterstudierenden in Regensburg dankbar auf, zu diskutieren, was die Auswirkungen eines Wahlsiegs Trumps für die Immobilienwirtschaft sein könnten. So gesehen gibt dieser Standpunkt auch einen kleinen Blick in eine IREBS-Vorlesung. Auf den ersten Blick könnte man sagen, ein Immobilienmann wird mächtigster Mann der Welt. Das kann doch nur gut sein für die Branche. Doch so einfach möchte ich es mir nicht machen: Anhand des DiPasquale/Wheaton-Modell lassen sich drei wichtige Botschaft sehr gut illustrieren1.

Erstens, an den Börsen werden Erwartungen gehandelt, und die weltweiten Börsen reagierten in den letzten Wochen stets sehr empfindlich auf Änderungen der Wahlwahrscheinlichkeiten: stiegen Trumps Umfragewerte, fielen die Aktienkurse, stiegen Clintons Umfragewerte, legten die Börsen wieder zu. Lässt man zu, dass diese Haltungen die derzeit besten Indikationen dafür sind, wie die gesamtwirtschaftlichen Implikationen sein könnten, ließe sich ableiten, dass der Wahlsieg Trumps tendenziell die wirtschaftliche Dynamik weltweit drosseln wird. Dies brächte auch Gewerbemieten unter Druck; am stärksten in Asien und Mexiko, weniger stark bei uns. Tatsächlich waren die Ausschläge an den Aktienmärkten in Europa heute Morgen deutlich schwächer als nach dem Brexit-Votum. In den USA wäre es wohl eine „mixed bag“ – die von den weltweiten Handels- und Kapitalströmen abhängenden Unternehmen und Städte dürften verlieren, periphere und eher alt-industrielle Standorte könnten sogar gewinnen. Dies gilt immer unter der Annahme, dass eine Trump-Administration tatsächlich die Globalisierung ein Stückweit zurückdreht, die internationale Arbeitsteilung wieder etwas nationalisiert.

Doch hiermit wären wir schon beim zweiten Punkt. Es gibt letztlich kein Wahlprogramm, das sich ernsthaft analysieren lässt. Sowohl die wirtschaftspolitischen als auch die geopolitischen Strategien erscheinen diffus und vage. Dies bedeutet, dass zumindest in den nächsten Wochen Unsicherheit über die tatsächlichen strategischen Weichenstellungen herrschen wird. Diese Unsicherheit ist wie beim Brexit für die Wirtschaft schädlich. Für die Immobilienwirtschaft könnte sie sich allerdings erneut als geborgter Segen erweisen, denn Anleger flüchten bei zunehmender Unsicherheit in sicherheitversprechende Assets. Dazu gehören auch Immobilien. Der Segen ist jedoch eine Anleihe auf die Zukunft, daher nenne ich das einen geborgten Segen, weil mit diesen Investitionsentscheidungen in dem oben skizzierten Szenario zumindest gestauchter Mietentwicklungen der Druck auf die Mietrenditen anhalten wird. Das kurzfristige Plus an Wertsteigerungen wird erkauft durch ein weiter steigendes Risiko für ruckartige Korrekturen von Fehlbewertungen.

Drittens, ein Szenario mit Abwärtsdruck auf Mieten und gleichzeitigem Aufwärtsdruck auf Mietrenditen lässt im DiPasquale/Wheaton-Modell keinen einfachen Rückschluss auf die Bautätigkeit zu. Allein expansiv ist es wohl nicht. Wenn Trump mit seiner Haushaltspolitik ernst macht, fehlen ihm auch Mittel für große staatliche Infrastruktur- und Bauprojekte.

Außerhalb der reinen Modellwelt sind zwei weitere Aspekte zu beachten: Vielleicht die zentrale Botschaft in Trumps Reden war die Rückbesinnung auf die heimische Produktion und heimische Sicherheitspolitik. Die Freiheiten auf den Güter- und Faktormärkten würden eingeschränkt. Dies macht die Produktion überall teurer, Effizienzgewinne der internationalen Arbeitsteilung gehen verloren. Dies könnte ein Schubgeber für Inflation in den USA werden, und dies wird langfristig den Dollar aufwerten und zumindest partiell Raum für steigende Zinsen eröffnen. Für Europa und Japan würde die insinuierte Neuausrichtung der internationalen Beziehungen wohl auch zu Mehrausgaben für die nationale Sicherheit und damit ebenfalls für Inflationsdruck sorgen. Da wir ja seit langem einen Weg aus der Niedrigzinswelt suchen, könnte dies ein Schritt in diese Richtung sein.

Zweitens profitiert Donald Trump davon, dass er einen republikanischen Kongress hinter sich hat. Politische Hängepartien sind damit unwahrscheinlich. Dies kann ein Vorteil sein, weil Unsicherheit eben keinen Bonus bringt. Ob dieser Bonus ausgespielt werden kann, hängt vielleicht weniger von Donald Trump als von seinen Beratern ab. Für die Immobilienwirtschaft ist Verlässlichkeit, Planbarkeit und manchmal auch Umsetzungsgeschwindigkeit per se kein Nachteil. Wie oben skizziert, ist jedoch zu befürchten, dass für Asien und Europa der Entscheidungszug beschleunigt in die falsche Richtung fahren könnte. Das wäre dann in der Tat ein gewaltiger Nachteil für die hiesige Immobilienwirtschaft.

Bleibt zum Schluss nur der Hinweis, dass ich mich hier allein auf die immobilienwirtschaftlichen Themen beschränkt habe. Was diese Wahl für das sensible internationale Geflecht politischer Beziehungen bedeutet, was dies für den Politikstil in anderen Demokratien bedeutet, was dies für die aktuelle Zerrissenheit der wichtigsten Volkswirtschaft bedeutet, darüber lässt sich nur spekulieren. Legt man die Wahlkampfworte des neuen Präsidenten auf die Fahrzeugwaage (eine Goldwaage braucht man wohl explizit nicht), so stehen wir wohl eher vor mehr als weniger Turbulenzen, und hiermit meine ich nicht allein immobilienwirtschaftliche, nicht einmal allein wirtschaftliche Turbulenzen.


Zum Weiterlesen:

DiPasquale, D., Wheaton, W. (1996). Urban Economics and Real Estate Markets, Englewood Cliffs, N.J.

Just, T., Uttich, S. (2015). Es sind nicht nur Gebäude. Frankfurter Societäts Medien, Frank-furt a.M. (für eine deutschsprachige und unserer Meinung nach gut verständliche Darstellung des Modells).

Silver, N. (2016). 2016 election. e.g. https://fivethirtyeight.com/features/final-election-update-theres-a-wide-range-of-outcomes-and-most-of-them-come-up-clinton/. Zugriff 8.11.2016.


Prof. Dr. Tobias Just (FRICS)
Prof. Dr. Tobias Just (FRICS) ist Wissenschaftlicher Leiter und Geschäftsführer der IREBS Immobilienakademie und Lehrstuhlinhaber für Immobilienwirtschaft an der Universität Regensburg.

IREBS Immobilienakademie GmbH
Kloster Eberbach
65346 Eltville

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