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IREBS Standpunkt Nr. 47

Die Metropolregion FRM wächst – dann muss auch angemessen gebaut werden

Die Metropolregion FrankfurtRheinMain ist attraktiv. Zwischen 2011 und 2014 legte die Zahl der Einwohner in der Metropolregion um rd. 150.000 Personen zu. Insbesondere Frankfurt und die an Frankfurt grenzenden Kreise verzeichneten deutliche Einwohnerzuwächse. Ein Großteil des Bevölkerungsgewinns entfällt auf dieses Zentrum der Region. Der Begriff „Reurbanisierung“ hat seit Jahren Hochkonjunktur. Offensichtlich wollen mehr Menschen in den Kernstädten wohnen als in früheren Jahren. Doch wie so oft gilt auch für die Reurbanisierung, dass genaues Hinsehen lohnt. Das starke Bevölkerungswachstum in den Kernstädten wird vor allem durch Zuwanderung aus dem Ausland und zu einem kleineren Teil durch Binnenwanderung junger Menschen getragen. Für die Binnenwanderung gilt beispielsweise, dass nur in den Altersgruppen zwischen 18 und 30 Jahren mehr Menschen nach Frankfurt kommen als Frankfurt verlassen. In allen anderen Altersgruppen ziehen mehr Menschen aus Frankfurt fort als hinzukommen. Und häufig findet dieser Fortzug eben ins Umland oder in kleinere, landschaftlich schön gelegene Städte statt. So gibt es einen sehr deutlichen Wanderungsverlust aus Frankfurt in sein Umland. Schaut man allein auf die Binnenwanderung ist der Wanderungssaldo selbst für das Powerhouse Frankfurt nahezu ausgeglichen, weil Familien eben weiterhin gerne im Umland wohnen, und die Senioren natürlich nicht überwiegend in die Kernstädte in die Nähe von Jobs und teurer Wohnungen ziehen. Dieses Muster ist für viele Kernstädte in Metropolregionen erkennbar und bedeutet, dass auch in Zeiten der Reurbanisierung die Attraktivität des Umlands wichtig für eine Region bleibt.

Aktuell liegen freilich die größten immobilienwirtschaftlichen Herausforderungen in den Kernstädten. Dort sind die mittleren Wohnungsmieten seit 2008 in die Höhe geschnellt: In Wiesbaden um über 20%, in Mainz um über 30%, in Frankfurt um über 35% und in Offenbach sogar um über 40%. Starke Zuwanderung, steigende Einkommen und wenige Neubauten waren der Nährboden für diese Entwicklung. 2009 und 2010 sind in der gesamten Metropolregion nur unwesentlich mehr als 10.000 Wohnungen neu fertiggestellt worden. Dass fünf Jahre später immerhin rund 20.000 Wohnungen in der Region auf den Markt kommen, klingt zwar nach einer tollen Wachstumsgeschichte, doch damit werden noch immer 50% weniger Wohnungen fertig als in den späten 1990er Jahren pro Jahr. Die aktuelle Bauleistung ist damit noch immer zu gering, und gegen die Knappheit hilft natürlich eine Begrenzung des Mietwachstums nicht. Im Mittelpunkt jeder wohnungspolitischen Anstrengung muss also der Wohnungsneubau von erschwinglichem Wohnraum stehen – zumindest solange wir starken Zuzug in die Region beobachten.

Die wohnungspolitischen Schwerpunkte der letzten Jahre waren für dieses Ziel teilweise wirkungslos (Mietpreisbremse, Milieuschutz) oder sogar kontraproduktiv (Energieauflagen). Dies würdigt die mit diesen Maßnahmen verfolgten Ziele nicht herab, doch es erzwingt offensichtlich, dass wir den Instrumentenkasten neu sortieren. Es muss gefragt werden, welche Kosten lassen sich überhaupt senken? Wichtiger ist aber, welche Flächenreserven lassen sich innerhalb und außerhalb der Städte heben. Dies führt zu schweren Entscheidungen, denn Nachverdichtung liest sich nur auf dem Papier einfach. Die Umnutzung von leerste-henden Büro- oder Industriegebäuden ist naheliegend, aber planungsrechtlich, technisch und vor allem kaufmännisch nicht überall möglich. Die Aufstockung im Bestand ist sinnvoll, doch bei betroffenen Haushalten nicht beliebt. Ähnliches gilt für den Ausweis von Bauland „auf der grünen Wiese“, denn natürlich hat Grün für Städte einen hohen Wert. Was es noch schwerer macht, die Bürgerbeteiligung ist ratsam, doch mitunter ein trügerisches Instrument, denn man fragt letztlich nur einen Teil der Betroffenen. Jene, die noch nicht in der Region wohnen aber „Potenzialbürger“ sind, beteiligen sich üblicherweise nicht an Referenden, ob z.B. ein Feld bebaut werden sollte.

Die Herausforderungen der Nachverdichtung bedeuten indes nicht, dass man diesen Schritt für die Region nicht wagen sollte: Insgesamt ist die Region FrankfurtRheinMain wie die meisten deutschen Städte im europäischen Vergleich nicht sehr dicht besiedelt. Tatsächlich gibt es sogar ökologische Gründe, mehr Dichte zu wagen: Die Verkehrslast wird vermindert und der Wohnflächenverbrauch pro Kopf wird in der Regel durch kompakte Städte im Vergleich zu zersiedelten Strukturen reduziert.

Mit Blick darauf, dass die Ränder der Metropolregion unter Bevölkerungsschwund leiden, also z.B. Limburg-Weilburg, der Vogelsbergkreis oder der Odenwaldkreis, ist es ein Stück-weit bizarr, dass man mit der Mietpreisbremse versucht, die Mieten im Kern zu dämpfen, denn dadurch wird der Fortwanderungsdruck auf die Peripherie nur größer; letztlich schwächt eines ihrer besten Standortargumente der Peripherie: die erschwinglichen Wohnungen. Daher wäre es sinnvoll, die Wohnungspolitik innerhalb der Metropolregion stärker abzustimmen. Dies könnte eine Koordinationsstelle sein oder sogar eine (wenigstens teilweise) Bündelung von öffentlichen Wohnungsgesellschaften in einer metropolregionalen Wohnungsgesellschaft. Der Vorteil solch einer Maßnahme wäre nicht nur die Koordination der Aktivitäten über für viele Marktprozesse irrelevante Kreisgrenzen hinweg, sondern auch die Realisierung von Größenvorteilen: Es ließen sich Redundanzen einsparen und Vorteile im Einkauf und mittelfristig wohl auch in der Finanzierung realisieren. Dies hilft dann auch den Mietern, da Kosteneinsparungen auf Märkten zwischen Anbietern und Nachfragern geteilt werden.

Abschließend sei ein letzter Punkt wichtig: Städte sind nicht nur Bündel von Wohnadressen. Die von vielen Menschen gewünschten kurzen Arbeitswege sind nur dann möglich, wenn auch die Arbeitsplätze in den Städten bleiben. Und Arbeitsplätze sind nicht nur Jobs im Bereich der Finanzdienstleistungen, sondern eben auch Industriejobs. Wenn die digitale Revolution sowie die energetische Revolution eine immer sauberere Produktion erlauben und gleichzeitig immer mehr Menschen sehr kurze Lieferzeiten von online bestellten Gütern wünschen, dann könnten einzelne Industrien und Logistikzenten zurück an die Ränder der Städte drängen. Zwar ist der Strukturwandel in der Wirtschaft sicher, denn gerade dies zeichnet Wirtschaft aus, doch die genaue Richtung ist ungewiss. Daher ist Flexibilität im Bauen und im Planen wichtig, um rasch und effizient auf Änderungen der Bedarf reagieren zu können. Auch hierfür ergibt eine engere Kooperation der beteiligten Gebietskörperschaften Sinn. Wenn dies gelingt, wird FrankfurtRheinMain wohl auch in Zukunft unter den Top-10 lebenswertesten Städten der Welt bleiben.

Weitere Veröffentlichung dieses Texts: Hessische Wirtschaft, Ausgabe 6/2016, Seite 15 ff.

 

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